(Frei-)Raum für Bildung

03.05.2022

Learning by doing auf der Kinder- und Jugendfarm Würzburg

von Alexander Kanamüller und Axel Demmel

Die Kinder- und Jugendfarm Würzburg ist ein pädagogisch betreuter Abenteuerspielplatz inmitten der Stadt Würzburg. Als offene Kinder- und Jugendbetreuung konzipiert, stellt die Farm ihren Besucher:innen sowohl einen großen Tier- als auch einen großen Baubereich zur Verfügung. Im Tierbereich kommen Kinder und Jugendliche u.a. in Kontakt mit Eseln, Schafen, Ziegen, Ponys, Enten und Katzen. Das Lernziel: Der richtige Umgang mit den Tieren sowie deren Versorgung und Pflege. Im Baubereich können die Kinder und Jugendlichen kreativ werden sowie ihre handwerklichen Fertigkeiten verbessern: Hütten bauen, Töpfern, Schmieden, Siebdrucken und vieles mehr ist auf der Kinder- und Jugendfarm Würzburg möglich.

Hinter all dem stehen dabei keine festen Bildungsangebote. Vielmehr sollen sich die jungen Besucher:innen selbst aussuchen, womit sie sich beschäftigen wollen und werden hierbei von den Mitarbeiter:innen der Farm begleitet. Auf der Kinder- und Jugendfarm geht es somit vor allem darum, dass Kinder und Jugendliche möglichst viel Freiraum bekommen. Dadurch sollen quasi „nebenbei“ soziale Kompetenzen erworben werden. Im konkreten Handeln und im Interagieren mit anderen lernen die jungen Besucher:innen der Farm beispielsweise im Team zusammenzuarbeiten, Konflikte zu lösen und Mitmenschen gegenüber empathisch zu sein.

Möglich wird dieses niedrigschwellige Lern- und Spielangebot durch eine sogenannte Trägerkooperation von Kommune und organisierter Zivilgesellschaft: Träger:innen der Kinder- und Jugendfarm sind die Stadt Würzburg, der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. sowie der Kinder- und Jugendfarm Würzburg e.V. Die Stadt Würzburg stellt das Gelände und fungiert mitunter als Geldgeberin, dem Sozialdienst katholischer Frauen e.V. obliegt die pädagogische Leitung und der Verein Kinder- und Jugendfarm Würzburg e.V. ist der Betreiber der Farm. Das außerschulische Bildungsangebot der Kinder- und Jugendfarm wird also kooperativ durch Zivilgesellschaft und Kommune den Kindern und Jugendlichen vor Ort bereitgestellt und kann damit in der Tradition eines modernen Welfare Mixes verortet werden (vgl. Evers 2011). Zudem kommen die drei Träger:innen auch zu regelmäßigen Treffen zusammen, um über die Bildungsarbeit der Kinder- und Jugendfarm zu diskutieren.

Bildungsarbeit, die auch durch Vernetzung und Kooperation mit verschiedenen örtlichen Einrichtungen Früchte trägt. Beispielsweise besuchen mehrere Kitas und Schulklassen regelmäßig die Kinder- und Jugendfarm und nutzen deren Infrastruktur. Des Weiteren pflegt die Farm eine Kooperationsbeziehung mit der Caritas Don-Bosco gGmbH Würzburg. Im Rahmen dieser Kooperation sind Jugendliche, die die Schule abgebrochen haben, einmal in der Woche auf der Farm zu Besuch und setzen unter Anleitung der Farm-Mitarbeiter:innen ein handwerkliches Projekt um – wie zum Beispiel den Bau eines Niedrigseil-Klettergartens. Ferner kooperiert die Kinder und Jugendfarm mit der Lebenshilfe Würzburg e.V., die sich im Sinne der Inklusion für Menschen mit Behinderung engagiert. Auch die Farm hat sich Inklusion auf die Fahne geschrieben und reservierte beispielsweise während der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen stets fünf Ferienbetreuungsplätze für Kinder und Jugendliche der Lebenshilfe.

Die Kinder- und Jugendfarm setzt aber auch auf Vernetzung und Austausch mit örtlichen Einrichtungen, die in einem ähnlichen Tätigkeitsbereich aktiv sind. Die Farm initiierte zusammen mit dem Spielzentrum Zellerau, dem Abenteuerspielplatz Lindleinsmühle und dem Kupschackerclub die sogenannte „Franken-Mafia“. Dieser informelle Verbund trifft sich zweimal im Jahr, um Erfahrungen und Ideen auszutauschen oder um beispielsweise auch  hin und wieder mal gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen ein Fußballspiel gegeneinander auszutragen. So soll die Stadt Würzburg und dessen Zivilgesellschaft weiter zusammenwachsen.

Und auch für die Zukunft erhofft sich die Kinder- und Jugendfarm Würzburg, durch weitere Kooperationen einen Mehrwert für die Würzburger Bildungslandschaft generieren zu können. Im Hinblick auf frühkindliche und nachmittägliche Betreuung sieht der Verein das Potential der organisierten Zivilgesellschaft in Würzburg noch nicht hinreichend genutzt, gerade vor dem Hintergrund fehlender Kitaplätze und des zukünftigen Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung im Grundschulalter. Die Farm kann sich dementsprechend gut vorstellen, mit der Stadt und den lokalen Schulen Kooperationsbeziehungen zur Nachmittagsbetreuung abzuschließen. Und auch für den Bau eines eigenen Farm-Kindergartens hat der Verein schon Pläne. All diese Vorhaben und Kooperationswünsche erwachsen letztlich einem Grundanliegen der Kinder- und Jugendfarm: Junge Menschen brauchen ausreichend Raum und Platz für ihre formale, non-formale und informelle Bildung.

 

Literatur

Evers, Adalbert (2011): Wohlfahrtsmix und soziale Dienste. In: Evers, Adalbert/Heinze, Rolf G./Olk, Thomas (Hrsg.): Handbuch Soziale Dienste, Wiesbaden.

 

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