30.11.2020
Zivilgesellschaftliche Akteure in der Kooperation mit Ganztagsschulen
von Bettina Arnoldt
Mit dem Ausbau der Ganztagsschulen in Deutschland stehen zivilgesellschaftliche Akteure vor einer neuen Situation: Durch den verlängerten Schultag kommt es zu zeitlichen Überschneidungen ihrer nachmittäglichen Angebote mit den schulischen Ganztagsangeboten. Außerdem greifen Schulen in ihrem Ganztagsbetrieb Themen auf, die bislang überwiegend außerschulischen Bildungsakteuren vorbehalten waren. Als Reaktion darauf beginnen viele zivilgesellschaftliche Akteure eine Kooperation mit Ganztagsschulen, um ihre Themen dort selbst zu platzieren und gleichzeitig ihre Zielgruppe anzutreffen.
Die Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG) untersuchte von 2005 bis 2019 bundesweit viele Facetten des Ganztagsschulausbaus, unter anderem auch, welche außerschulischen Akteure mit Ganztagsschulen kooperieren, welche Angebote sie durchführen und unter welchen Bedingungen die Zusammenarbeit stattfindet. Aber auch viele andere – überwiegend regional begrenzte und/oder qualitativ angelegte – Studien untersuchten das Thema der Kooperation von Ganztagsschulen mit außerschulischen Partnern. Im Rahmen des Projekts „GTS-Bilanz“ wird derzeit eine Forschungsübersicht erstellt, die alle in diesen Studien erarbeiteten Befunde systematisch bündelt.
Ein Ergebnis der Forschung ist unter anderem, dass es für zivilgesellschaftliche Akteure eine Herausforderung darstellt, ihre gewohnten Arbeitsweisen und Handlungsprinzipien unter den Rahmenbedingungen der Ganztagsschule umzusetzen oder ihre Angebote so anzupassen, dass die gewünschten Wirkungen dennoch erzielt werden. Als Schwierigkeiten stellen sich die mangelnde Freiwilligkeit der Teilnahme der Schülerinnen und Schüler, der zeitliche Rhythmus der Schule oder auch die veränderten Gruppengrößen bzw. -zusammensetzungen gegenüber den außerschulischen Angeboten heraus. Als gute Erfahrungen nennen die Akteure häufig das Gewinnen neuer Interessenten bzw. Mitglieder für ihre außerschulischen Angebote. Seltener berichten sie davon, von der Schule anerkannt und in die Schulgemeinschaft oder auch in schulische Strukturen eingebunden zu werden. Dies sind jedoch häufig geforderte Aspekte der Kooperation, die in vielen Fällen noch nicht zufriedenstellend eingelöst wurden.
Diese verschiedenen Erfahrungen hängen unter anderem mit den Erwartungen der außerschulischen Akteure an die Kooperation mit Schule zusammen und mit der Art ihres Angebots. Ein Teil der Akteure sieht ihre Rolle darin, ein Dienstleistungsangebot für die Ganztagsschulen bereitzustellen, ein anderer Teil möchte gemeinsam mit der Ganztagsschule ein gemeinsames Bildungsverständnis entwickeln und stärker in Schulangelegenheiten mitmischen. Hinzukommt, dass manche Angebote von ihrer Anlage und Konzeption her schulnäher sind als andere und sich dadurch unproblematischer in das Schulgefüge einpassen.
Für solche Akteure, die mehr mit der Kooperation verbinden, als dass sie ihr Angebot in die Räume der Ganztagsschule verlagern, besteht die besondere Herausforderung, dass insbesondere der zivilgesellschaftliche Bereich zu großen Teilen vom Ehrenamt geprägt ist. Im Vergleich zum hauptamtlichen Personal wird das Engagement der Ehrenamtlichen in der Regel nur für die Durchführung des Angebots honoriert. Die zusätzlichen Zeiten für Austausch, Absprachen oder gemeinsame Planungen mit Lehrkräften sind hierbei nicht inbegriffen. Genau diese Aspekte stehen jedoch für eine gelingende Kooperation. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen sind daher gefordert, bei der Anbahnung von Kooperationen mit Ganztagsschulen diesen Bereich im Blick zu haben. Das Abschließen einer Kooperationsvereinbarung bietet die Möglichkeit, solche kritischen Punkte mit der Schule im Vorfeld zu klären und verbindlich festzuhalten.